zurück nach oben
Wer, wie oder was sind die Dichter aus Epibreren?
In der Groninger Gruppe Die Dichter aus Epibreren vereinigen zwei
niederländische Dichter und ein deutscher Musikant Gedichte, Bilder,
Musik und Soundscapes zu einem "vibrierenden Albtraum von Emotionen".
Auf ihrer mittlerweile mehr als neun Jahre dauernden Poesie-Tournee ziehen
sie durch die Niederlande, Belgien, Deutschland, England, Kroatien, Portugal,
Süd-Afrika und der Schweiz.
Die Dichter aus Epibreren sind: der Multi-Instrumentalist und Soundscape-Schöpfer
Jan Klug (Aachen, 1971) auf Saxofonen, Querflöte, dem selbsterfundenen
Pataphon und Obertongesang sowie die Dichter Tjitse Hofman (Assen, 1974) und
Bart FM Droog (Emmen, 1966) und ihre tanzenden Furbies.
Gemeinsam exportieren sie ihre explosive Poesie-Show direkt von ihrer im Watt
gelegenen Insel Epibreren.
Bücher: Deze dagen (1998) und Benzine (2000) von Bart FM
Droog; TV 2000 (1999) von Tjitse Hofman. Sehe auch die
komplete Bibliographie.
zurück nach oben
Wie Deutschland epibriert (werden) wird
Seit kurzem handhaben die Dichter aus Epibreren bei internationalen Auftritten ein "Multilinguales Multimedia-Konzept". Hierbei wird ein Großteil der Gedichte in der original niederländischen Version vorgetragen, während eine Übersetzung hiervon auf eine sich hinter den Dichtern befindliche Leinwand projiziert wird, so daß gleichzeitig die ursprüngliche Atmosphäre erhalten bleibt und das Publikum den Inhalt der Gedichte doch verstehen kann, ohne angestrengt auf ein schlecht beleuchtetes Büchlein mit Übersetzungen starren zu müssen. Letzteres kann natürlich immer noch vor oder nach dem Auftritt erworben werden.
Eine Ahnung hiervon vermittelt vielleicht das Beispiel...
zurück nach oben
Was die deutsche Presse darüber schreibt
"ICH VERNÄHE DIE WELT MIT MEINEN KABELN"
Bei lauen Lüften lautete die "Lyriknacht" durch den Oldenburger Schlossgarten
Sie gehören zu den jungen Wilden der Literaturszene, zu Grenzgängern
zwischen den Sparten: Die "Dichters uit Epibreren" (NL/D). Sie loten
die Bild- und Klangqualitäten ihrer Lyrik bis hin zum reinen Tonwert
des Wortes
aus.
Wie Sprache zurück zum Urlaut findet, erlebte ein durchweg junges Publikum bei Bart F. M. Droog (Groningen), Tjitse Hofman (Groningen) und Jan Klug (Aachen) in einer leicht lauen Nacht im Oldenburger Schlossgarten - auf Einladung des Oldenburger Literaturbüros. Eine Buche behütet die Bühne, ihre Blätter werfen blaue und rötliche Schatten auf den grünen, dicken Stamm.
Epibreren, das ist das Land der Müßiggänger, der Nichtstuer. Süßliche Schwaden durchziehen die Luft. Auf rhythmischen Patterns am Syntheziser schwebt das Saxophon durch die Bäume. "Mit diesem geschundenen Körper treiben Tag für Tag, und die Frau, an die ich mich erinnere, warst du nicht": ein Sommerbild, das der schmale Tjitse Hofman in wunderbar gebrochenem Deutsch entwirft, zeilenweise Niederländisch einstreuend.
Die Texte werden auf einer Diatafel dem Publikum zugänglich gemacht, in einer etwas hölzernen deutschen Übersetzung; eine Sprachqualität, die dem Sinn reizvoll spröde Ecken und Kanten verleiht. Das Niederländische hingegen säuselt sich weich schmeichelnd in die Ohren, und Tjitse Hofman gibt sich voll hinein, in die Bilder etwa von TV 2000: "Ich vernähe die Welt mit meinen Kabeln, schmelze zusammen und divergiere alles in meine Wahrheit, privatisiere die Öde und alles ist in Ordnung, wie es scheint" - spricht er in monotoner Höhe, die letzte Zeile aufhaltend, die Augen verdreht, die Hände hilflos spastisch verwrungen. Bart imitiert ihn gebrochen, kauernd am Rand der Minibühne.
Jan Klug ist der Zaubermeister der Töne, auf einer Minitastatur entwirft
er Collagen, die den Raum für Interferenzen zwischen Wortlaut und Synthyklang
öffnen. Bart F. M. Droog moduliert stärker, interpretiert kraftvoller,
seine Texte sind alltagsorientierter, konkreter politisch. Von einer Reise
in die Sowjetunion handelt einer, vorgetragen mit tiefer Stimme - Droog goes
Waits: "Fahr ich am Unrecht vorbei, halte nur, um Krebs zu kriegen".
Oder Kursk:
"Aus Maschinenkammer neun fischten Retter das Geschenk, das Wajinka noch
für Irma machte." Der Text erzählt von der Tochter des toten
Seemannes, die ihrem sterbenden Vater den Atem gibt. Dazu kreischt das ausziehbare
Plastikdidgeridoo durch die Nacht, ihre späten Bewohner kreischen zurück.
(mig [= Marijke Gerwin?], TAZ Bremen (D), 19-7-2001)
zurück nach oben
SCHWARZE FOLKLORE
Die "Dichter aus Epibreren" gastieren heute Abend im Jungen Theater
Konturlos liegt sie da, fließend und wabernd. Die Insel mit Namen
Epibreren. Die ist Fiktion, eine dichterische Negation des Wolkenkuckucksheims.
Die Wortschöpfung geht auf den holländischen Schriftsteller Simon
Carmiggelt zurück und bedeutet soviel wie "nichtstun". Also
nicht gerade etwas Erhabenes. Aber von Faulheit ist sowieso kaum etwas zu
spüren, wenn die "Dichter aus Epibreren" die Bühne entern.
Wild, fast psychotisch winden sich die Groninger Dichter Bart FM Droog und
Tjitse Hofman um die Mikrophonständer, laufen auf der Bühne herum,
schreien, kriechen, kichern. Ihre Gedichte sind mehr als Worte. Sie sind Klang,
der sich fortsetzt in ihrem Minenspiel und in den mal ambientmäßig
mäandernden, mal zirkushaft leichten Sounds, die Jan Klug mit vielerlei
Blasinstrumenten und elektronischen Gimmicks zur Verfügung stellt. Die
Grenzen von Musik und Sprache lösen sich auf, bilden ein faszinierendes
Drittes. Die Performance des Trios erinnert zuweilen an Punk- oder Industrialbands.
Die Texte handeln in guter Slamtradition von Alltagsbeobachtungen. Oder es
sind bizarre Geschichten, der Welt entrückt wie genannte Insel.
Äußerst umtriebig treten alle drei allein oder in immer unterschiedlichen
Formationen in der Groninger PopPoeten-Szene in Erscheinung. Stets geht es
darum, klangliche und inhaltliche Dimensionen van Lyrik auszuloten. Damit
das nicht akademisch unterkühlt wirkt, verstehen sich die "Dichter
aus Epibreren" als "grenzüberschreitende Sprachmacher".
So arbeiten sie gegen den oftmals annoncierten "Tod der Poesie".
Indem sie dem Vortrag besondere Aufmerksamkeit schenken. Indem sie Musik einbinden
als gleichberechtigten Partner. So reagieren sie auf die Rolle, die Popmusik
in ihrem eigenen, wie auch im Leben der Zuhörer spielt. Heute, 20 Uhr,
Junges Theater.
(Tim Schomacker, TAZ, 19-2-2000)
zurück nach oben
SCHRILL IM SPANNUNGSFELD DER SCHÖNEN KÜNSTE
Die Dichter aus Epibreren in der Artothek |
zurück nach oben
DAS PATAPHON
Das Pataphon ist ein Musikinstrument, das seinen Namen mit Bezug auf die Pataphysik erhalten hat, sich hiergegen nicht stäubte und diesen folglich heute noch immer trägt.
Konstruiert ist es aus zwei zylindrischen PVC-Rohren, deren unterschiedliche Durchmesser es ermöglichen, das eine in das andere zu schieben, wodurch diese einen Hohlraum von variabler Länge umschließen, dessen oberes Ende durch ein auf das kleinere Rohr gestecktes Baritonsaxofonmundstück inklusive des dazubehörigen kunstvoll geschnittenen Schilfblättchens nahezu abgeschlossen wird. Das andere Ende des Instrumentes dient dem Entweichen der am Mundstück gebildeten Töne, zu welchem Zweck sich hier eine Öffnung befindet.
Über den PVC-Körper des Pataphons verteilt sind zwei metallene Schellen zu finden, die eine in Höhe des Mundstückes, die andere auf der Verbindungsstelle der ineinandergeschobenen Rohre, genauer gesagt auf dem oberen Ende des Rohres von größerem Durchmesser.
Aufgabe dieser Schellen ist es, die jeweils von einem 1cm langen, 0.5 - 1mm breiten Schlitz vorsehenen Rohrenden zu verschmälern, um bessere Schließungseigenschaften in Hinsicht auf das Mundstück bzw. das Rohr kleineren Durchmessers zu erreichen.
Auf diese Weise wird mit der tonerzeugenden Schwingung versehene Luft daran gehindert, an nicht dafür vorhergesehenen Stellen aus dem Instrument zu strömen, was eine negatieve Beeinflussung der akustischen Eigenschaften des Pataphons zur Folge hätte.
Die Länge der Rohre beträgt ungefähr einen Meter. Rohre dieser Länge sind standardisiert im Fachhandel erhältlich, zu einem Preis von ungefähr 7 Gulden 50 pro Stück. Zudem sind sie voll recyclingfähig.
Ein Stück Klebeband - in Fachkreisen Gaffatape (englisch auszusprechen) genannt - umschließt die Verbindungsstelle von Mundstück und PVC-Rohr. Dies sorgt für zusätzliche Dichtheit.
Das Mundstück sollte von tschechischer Herkunft sein, aus Ebonit bestehen und eine nicht zo große Öffnung aufweisen. Andere 'klassische' Mundstücke können auch verwendet werden, jedoch sollten 'Jazz'-Mundstücke vermieden werden, da das Pataphon nicht im Stande ist, Bebop-Läufe in zufriedenstellender Authentizität zu erzeugen.
Ein anderer Grund hierfür ist, daß die Pataphon-Töne nur begrenzt durch Schiebebewegungen der Rohre variiert werden; vielmehr ist das Überblasen in gewisse hierzu geeignete Obertöne für Tonhöhe und Timbre verantwortlich. Dieses jedoch kann bei Mundstücken mit kleinerer Öffnung viel besser kontrolliert werden; Jazz-Mundstücke sind bei der Obertonwahl viel zu eigenwillig.
Instrumente älterer Bauart benutzen einen Schalltrichter, um ihre Tonausgabe zu verstärken und sich gegen andere Schallquellen zu behaupten. Das Pataphon geht einen anderen Weg; obwohl es auch 'unplugged' (engl., 'ausgestöpselt') gespielt werden kann, ist die bevorzugte Spielsituation eine professionell elektrisch verstärkte. Je größer, kräftiger, professioneller die Verstärkung, je größer der Effekt des Pataphons.
Der elektr(on)ische Weg des Pataphontones beginnt an einem vor dem Tonausgangsloch positionierten Mikrofon. Ideal ist hier das Modell SM58 der Marke Shure, da dessen Kopf genau wie der Ton des Pataphons kugelförmig ist. Die Spielhaltung des Pataphonisten für das verstärkte Spiel wird stark durch die Position des Mikrofons bestimmt. Die übliche Mikrofonständer-Aufhängung ist nur erfahrenen, akrobatisch begabten Pataphonisten zu empfehlen; die Schiebebewegungen des Pataphons erschweren es ungemein, den Abstand Tonloch - Mikrofon gleichmäßig zu halten, wenn das Pataphonende frei balanciert werden muß.
Viel besser geeignet ist die Mikrofon-Liegeposition: Sowohl Mikrofon als auch Pataphonende werden auf den Boden gelegt, wobei auf einen geeigneten Untergrund zu achten ist. Faktoren hierbei sind Dämpfung, wie zu z.B. bei Teppichböden auftritt (dies sollte unbedingt vermieden werden), Resonanz von z.B. Parkettfußböden, die Trittschall in oft ungewünschten Ausmaßen weiterleiten, Haftung, da z.B. metallenen Oberflächen oft unzureichend Stabilität des Pataphonendes gewährleisten, etc.
Die beste Oberfläche für die Pataphonauflage ist zweifellos Gummibeschichtung; auch Linoleum kann ausreichend gute Eigenschaften aufweisen. Sollten die örtlichen Gegebenheiten unzureichend sein, kann eine eigene Unterlage gute Dienste verrichten. Ein großes, nicht zu dickes Buch mit hartem Cover ist eine ausgezeichnete Alternative, wobei dessen Inhalt von untergeordneter Bedeutung ist. Auf ansprechendes Cover-Layout ist aber insbesondere bei TV-Auftritten zu achten.
Da das Pataphon nicht polyfon ist, sollte es nicht direkt vom Mikrofon in die Anlage verstärkt werden; vielmehr empfiehlt sich die Bearbeitung des Reintones mit elektronischen Effekten.
Vorzuziehen ist hier die klugsche Standard-Effektkonstellation, doch ist hier auch Raum für eigene Experimente. Bewährt hat sich jedoch ein Gitarreneffektgerät der Marke Boss, Modell DD3, mit angelötetem Extra-Fußschalter, sowie ein in Serie dahinter geschaltetes Hallgerät; das Modell ist hierbei nicht ausschlaggebend, jedoch sollte die Möglichkeit bestehen, das Signal sogenannt 'dry' (engl., 'trocken') und 'wet' (engl, 'naß') zu jeweils 100%, aber auch gemischt weitergeben zu können.
Erst hiernach (bzw. nach witeren optionalen Effektgeräten) sollte die Einspeisung des angereicherten Tones in die Verstärkeranlage erfolgen; dies geschieht üblicherweise direkt durch eine sogenannte D.I.-Box (sprich: 'die-ai-boks'), oder aber durch einen zwischengeschalteten Submixer (sprich: 'sapmiksa'). Der Rest ist Aufgabe der vorzugsweise professionell ausgebildeten Toningenieure. Diesen sollte deutlich gemacht werden, daß sich bei den tieffrequenten Pataphontönen idealerweise das umgebende Gebäude in sanfte Schwingungen setzten sollte. Lebens- oder gehörbedrohende Situationen müssen natürlich vermieden werden.
Jan Hendrik Klug, Pataphonist
zurück nach oben
Übersetzungen von Gedichten sowie Performance in RealAudio
zum Anhören der Performance auf den Titel klicken (RealPlayer benötigt).
(Damals) live auf VPRO Radio - begleitet von Jan H. Klug auf dem selbsterfundenen Pataphon trägt Tjitse Hofman vor:
PARA
Da gleiten Schlangen
entlang an meinen Beinen
von meinen Leisten
abwärts
kalte lange
Glibberschlangen
ohne Zischen
abwärts
Ich weiß das es
nicht wahr ist
denn ich liege im Bett
und ich will aufstehen
doch ich kann nicht
mein ganzer Körper
ist gelähmt angewachsen
an die Matratze
die klammen Laken
Ich weiß daß es
nicht wahr ist
ich weiß das es
nicht wahr ist
draußen greift
die Sonne nach den Wolken
doch die wollen nicht
zur Seite und darum
ist es dunkel
im Dunkeln herrscht
Lärm ich ertrage
keinen Lärm das
läßt die Sterne
fallen das mag
ich nicht
Ich weiß das es
nicht wahr ist
ich weiß das es
nicht wahr ist
es kommt durch
die Wärme bei dieser
Wärme kann ein Mensch
nicht normal atmen
Fische haben das auch
Ich weiß es ja
da wachsen Wurzeln aus
meinem Rücken weil ich mich
nicht bewegen kann
ein Körper will Nahrung
und ein Körper hat Durst
es ist gut um
Wurzeln zu haben
sie werden finden
finden Feuchte.
Tjitse Hofman - Übersetzung: Jan Klug
BACK HOME
Das Leben rast
zwischen Städten und flüchtigen
Schlafplätzen jeden Tag
ein andres Erwachen
Meine Heimat
ist wo
mein Körper ist
In der steinigen Gasse
einer brüchigen Stadt
oder der Luxus-Suite
des Dollar-Hotels
bin ich zu Hause
wo mein Körper
auch sein mag.
Bart FM Droog - Übersetzung: Jan Klug
zurück nach oben